Erfahrungsdimensionen der Mensch-Maschine-Interaktion (auf deutsch)
Moderation: Daniel Schubbe-Åkerlund (Hagen)
15:30–16:10 Uhr
Thomas Bedorf (Hagen): Maschinenhermeneutik
Maschinen zu verstehen, ist so schwer nicht, sind die maschinellen Prozesse bekannt, die ihre Funktionen bewirken. Dafür braucht es keine Hermeneutiken, sondern technisches Wissen. Anders steht es mit Maschinen, deren Prozesse gleich einer Black Box unbekannt sind. Algorithmen, wie sie die digitale Welt bevölkern, müssen verstanden werden. Sie geben nicht nur den User*innen Rätsel auf, sondern auch die Programmierer*innen gleichen Deutenden, wenn der Code als „Unbewusstes“ (Katherine Hayles) erscheint. Zugleich scheint es umgekehrt – auch so ließe sich der Ausdruck ‚Maschinenhermeneutik’ lesen –, dass die Maschinen ‚uns’ verstehen, womöglich besser als wir selbst: über wiederkehrende Muster, Profile, Ähnlichkeiten bzw. dass die blanken Datenmuster Verstehen überflüssig machen (Chris Anderson).
Der Vortrag wird den Versuch unternehmen, sich begrifflich darüber zu verständigen, was unter ‚Verstehen’ jeweils zu verstehen ist.
16:10–16:50 Uhr
Christian Leineweber (Hagen): Paradoxien im Digitalen. Zum Phänomen der Mensch-Maschine-Interaktion aus bildungstheoretischer Perspektive
Bildung lässt sich als Erfahrung des Menschen beschreiben, durch Erkenntnisse zu anderen Sichtweisen auf die Welt und zu anderen Seinsweisen in der Welt zu gelangen (vgl. Marotzki 1990). Der Charakter einer solchen Erfahrung ist paradox, denn sie hat es mit der praktischen Herstellung von Bestimmtheit auf Basis des Unbestimmten zu tun (vgl. Gamm 2000).
Im Vortrag soll diskutiert werden, welche Auswirkungen die Bedingungen des Digitalen auf die paradoxale Erfahrungsstruktur von Bildung haben. Ausgangspunkt für diese Diskussion ist die These, dass die Interaktion zwischen Mensch und Maschine eine rationalisierende und gleichsam vermessende Kontrollierung der Welt durch Daten in Aussicht stellt (vgl. z.B. Bächle 2016; Mau 2017; Baecker 2019). Diese Kontrollierung bedingt eine kybernetische Transformation der Beziehung zwischen Mensch und Welt, die es mit einem Blick auf gegenwärtig dominante Steigerungs- und Vermessungslogiken im individuellen wie kollektiven Leben zu explorieren gilt. Auf diese Weise ist eine Reflexion der Mensch-Maschine-Interaktion möglich, innerhalb derer der Bildungsbegriff daran erinnern lässt, dass das Potenzial des Menschlichen auch zukünftig nur dann ausgeschöpft werden kann, wenn Erfahrungsverläufe paradox bleiben und damit über die „Grenzen der Erfahrung“ (Thompson 2009) hinausgehen.
16:50–17:30 Uhr
Kevin Liggieri (Darmstadt): Anthropozentrismus in der Mensch-Maschine-Interaktion. Eine technikanthropologische Perspektive
Technische Geräte werden immer mehr ‚humanisiert’, daher soll der Vortrag die Frage nach dem ‚Humanum’ stellen, welches hinter den technischen Devices steckt, die unsere Lebenswelt bevölkern.
Der Mensch ist heute auf mehreren Ebenen mit seinen technischen Geräten verbunden: körperlich, psychologisch, sozial, aber auch ideologisch. Technologien umgarnen uns körperlich und geistig – sie ergänzen uns sogar. Doch wie genau funktioniert das? Sind Mensch und Maschine nicht grundlegend verschieden? Wie gestaltet man Schnittstellen, die eine reibungslose Interaktion generieren? Wenn sich die Technik adaptiv an den Menschen anpasst und damit sowohl handhabbar als auch in der gestalteten Schnittstelle für uns unsichtbar wird, muss die Kritik am Anthropozentrismus eine neue Reflexionsebene einnehmen. Neben der Kritik einer symmetrischen Anthropologie muss der Fokus auf technische Artefakte und anthropozentrische Argumente gerichtet werden, die die anthropologische Ebene fokussieren. Das Problem, wie das Technische das Menschliche prägt (Messung, Quantifizierung, Kontrolle und Disziplinierung), muss um die Frage erweitert werden, wie normative anthropologische Daten die technische Umsetzung prägen.
Der Vortrag will untersuchen, auf welche Weise das ‚Problem’ der Technik nicht mehr eine anthropozentrische Angst ist, sondern die intuitive Techniknutzung. Ist die moderne Technik (vielleicht) zu benutzerfreundlich geworden? Was geschieht mit unserem Menschen- und Technikbild, wenn der Anthropozentrismus in unseren Geräten nistet?