Panel 6

Soziale, kulturelle und ethische Folgen neuer Mensch-Maschine-Interaktion (auf deutsch)

Moderation: Johanna Seifert (Hagen/München)

12:00–12:40 Uhr
Janina Loh (Wien): Verantwortung in der Mensch-Roboter-Interaktion

In meinem Vortrag gehe ich in drei Schritten vor: Im ersten Teil umreiße ich das traditionelle Konzept der Verantwortung mit seinen fünf Relationselementen und fasse die Bedingungen zusammen, die erfüllt sein müssen, um jemanden als potenziell verantwortlich zu bezeichnen. Im zweiten Teil meines Vortrags skizziere ich die drei Arbeitsfelder der Disziplin der Roboterethik, indem ich zwischen Robotern als potenziellen moralischen Subjekten, Robotern als Objekten moralischen Handelns und inklusiven Ansätzen unterscheide. Im dritten Teil meines Vortrags schließlich werde ich das Phänomen der Verantwortung innerhalb dieser drei Felder der Roboterethik analysieren – Roboter als verantwortliche Subjekte, Roboter als Objekte verantwortlichen Handelns und Verantwortung in Bezug auf inklusivere Ansätze. Aus naheliegenden Gründen beschränkt sich die Untersuchung auf die moralische Verantwortung und schließt andere wichtige Verantwortlichkeiten wie etwa die strafrechtliche oder die politische Verantwortung aus.

Janina Loh (geb. Sombetzki) ist Universitätsassistentin (Post-Doc) im Bereich Technik- und Medienphilosophie an der Universität Wien. Loh hat an der Humboldt-Universität zu Berlin studiert und von 2009 bis 2013 im Rahmen des DFG-Graduiertenkollegs Verfassung jenseits des Staates: Von der europäischen zur Globalen Rechtsgemeinschaft? zum Thema Verantwortung als Begriff, Fähigkeit, Aufgabe. Eine Drei-Ebenen-Analyse (2014 bei Springer VS erschienen) promoviert. Von 2013-2016 war Janina Loh als Post-Doc an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel beschäftigt. 2018 erschien von Loh die erste deutschsprachige Einführung in den Trans- und Posthumanismus (Junius), 2019 Einführung in die Roboterethik (Suhrkamp). Lohs Habilitationsprojekt entwirft eine Inklusive Ethik der Gefährt*innenschaft (Arbeitstitel). Zu den engeren Forschungsinteressen zählen neben der Verantwortung, dem Trans- und Posthumanismus und der Roboterethik auch Hannah Arendt, feministische Technikphilosophie, Theorien der Urteilskraft sowie Ethik in den Wissenschaften.

Im Zuge des Fortschritts der KI und der Robotik entstehen neue MMI, in denen technische Systeme zusehends vermenschlicht werden.

12:40–13:20 Uhr
Armin Grunwald (Karlsruhe): Herr Kollege Roboter. Von der Anthropomorphisierung der Technik und der Selbst-Technisierung der Menschen

Im Zuge des Fortschritts der KI und der Robotik entstehen neue MMI, in denen technische Systeme zusehends vermenschlicht werden. Dies lässt sich an vielfach verwendeten Sprachgebräuchen belegen. Diese Systeme werden zusehends als Gegenüber des Menschen „auf Augenhöhe“ beschrieben, so etwa, wenn für die entstehende Industrie 4.0 vom „Kollegen Roboter“ gesprochen wird. Umgekehrt zieht über die digitale Selbstmodellierung des Menschen als datenverarbeitende Maschine, sozusagen als Computer auf zwei Beinen, eine zunehmend technische Selbstbeschreibung des Menschen in Alltagssprache und Wahrnehmung ein. Im Vortrag werde ich beide Tendenzen erläutern und belegen sowie Schlussfolgerungen in ethischer und anthropologischer Hinsicht ziehen.

Prof. Dr. rer. nat. Armin Grunwald studierte Physik, Mathematik und Philosophie. 1987 promovierte er an der Universität zu Köln, 1998 folgte die Habilitation mit Venia legendi an der Universität Marburg im Fach Philosophie. Von 1991-1995 war Armin Grunwald im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt tätig, von 1996-1999 war er stellvertretender Direktor der Europäischen Akademie zur Erforschung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen. Seit 1999 ist er Leiter des Instituts für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), sowie seit 2002 Leiter des Büros für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB). Seit 2007 ist Armin Grunwald Professor für Technikethik und Technikphilosophie am KIT. Zu seinen Arbeitsgebieten zählen: Theorie und Methodik der Technikfolgenabschätzung, Technikphilosophie, Technikethik, nachhaltige Entwicklung.

Im Zuge des Fortschritts der KI und der Robotik entstehen neue MMI, in denen technische Systeme zusehends vermenschlicht werden.

13:20–14:00 Uhr
Irina Gradinari (Hagen): Verkörperte Technologien. Über den Blick der Cyborgs

Cyborgs im Film sind an der Schnittstelle der filmischen Traditionen, des kapitalistischen Betriebssystems und der digitalen Technologien (z.B. Morphing-Software) verortet, die nun so weit entwickelt wurden, dass das Genre Science Fiction eine grundsätzliche Verschiebung erfährt. Die Zukunft ist nun da: Wir leben in der Zukunft, in multimedialen und pluralen Optionen, in denen die Künstliche Intelligenz als Mensch und Menschen als Maschinen handeln. Mit der Performanz der Cyborgs als (universell gedachte) Menschen werden nicht nur unweigerlich Geschlechts-, Klassen-, Race- und Ethnizitätsmarkierungen neu verhandelt, sondern es werden heute neue Begehrensformen und politische Bedürfnisse generiert. In diesem Zusammenhang werde ich beschreiben, wie in unterschiedlichen Filmen eine solche Verschiebung stattfindet und welche politischen Applikationen für unser Selbstverständnis dies hat.

Dr. phil. Irina Gradinari ist Juniorprofessorin für literatur- und medienwissenschaftliche Genderforschung an der FernUniversität in Hagen. 2011 promovierte Irina Gradinari mit einer Dissertation zu Genre, Gender und Lustmord. Mörderische Geschlechterfantasien in der deutschsprachigen Gegenwartsprosa, 2019 folgte ihre Habilitation zu Film als Medium kollektiver Erinnerungen. Geschichtspolitik und Diskurstransfer zwischen Ost und West. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen im Bereich von Gender Studies, Gewalttheorien, Erinnerungskulturen, Kriegsfilm sowie die Wechselwirkung von Genre und Gender. Publikationen u.a.: Filmisches Erinnern. Zur Ästhetik und Funktion der Rückblende, (hrsg. m. Michael Niehaus, 2020), Kinematografie der Erinnerung. Bd. 1. Filme als kollektives Gedächtnis zu verstehen (2020).